Der Verein Basler Geschichte auf Tour

Veröffentlicht am 23.9.2021, zuletzt geändert am 31.1.2024 #Ereignisbericht

Freudiges Wiedersehen

Endlich wieder einmal Vereinsmitglieder zusammenbringen! Das war der Sinn eines Führungsnachmittags am 28. August 2021. Historiker*innen aus dem Verein Basler Geschichte veranschaulichten in Führungen unterschiedliche Aspekte der Stadtgeschichte. Anschliessend traf sich, wer wollte, zum gemütlichen Teil im Restaurant Perron im Bahnhof St. Johann, draussen bei den Geleisen. Gesamthaft nahmen rund 50 Vereinsmitglieder an den vier Führungen teil, die je zweimal durchgeführt wurden.

… über Stadtmauern und Kirchen

Christoph Matt begann seinen archäologischen Spaziergang beim längst aufgehobenen Gewerbekanal Rümelinbach und folgte dann der mittelalterlichen Stadtmauer am Leonhardsgraben. Dazwischen lag der alte Stadtgraben “Kohlenberg”. Dieser erscheint besonders breit und tief, da er ein nacheiszeitliches Tälchen ausnützte. Die Leonhardskirche verdankt dem Graben ihre repräsentative Lage auf einem Sporn über der Innerstadt. Am Leonhardsgraben bot ein privater Keller eine Begegnung mit den beiden ältesten Stadtmauern des 11. und 13. Jahrhunderts. Auch der Spalenberg ist ein natürliches Tälchen, das die Steilheit des Talhangs bricht und entlang einer Geländekante einen Verkehrsweg erschloss: Spalenvorstadt und Missionsstrasse. An der Spalenvorstadt 6 schliesslich – unmittelbar hinter der alten Gewerbeschule – hat sich in der seitlichen Giebelwand die alte Westfassade der längst abgebrochenen Gnadentalkirche erhalten; im Innern ist ein Küchenfenster noch von gotischem Rahmenwerk umfasst.

… über die chemische Industrie

Ein veritables Kontrastprogramm zum archäologischen Spaziergang bot die Führung von Nicholas Schaffner und Hans Georg Heimann: Sie galt der Geschichte der chemischen Industrie. Der Werkareal Klybeck führte vor Augen, dass an dieser Stelle einst eine veritable “Stadt” stand. Dort waren 20’000 Menschen damit beschäftigt, pharmazeutische und chemische Spezialprodukte in der Grössenordnung von 170 Tonnen pro Tag herzustellen, zu erforschen und zu verwalten.

Christoph Matt vor den Resten der alten Stadtmauer am Leonhardsgraben
Christoph Matt vor den Resten der alten Stadtmauer am Leonhardsgraben (Foto: Robert Labhardt, 2021).
Säure-Abfüllstation im Werk Klybeck Ciba-Geigy mit Notfalldusche bei Verätzungen


Säure-Abfüllstation im Werk Klybeck Ciba-Geigy mit Notfalldusche bei Verätzungen (Foto: Robert Labhardt, 2021).
"Toleranzzonen"-Signet bei der Webergasse

“Toleranzzonen”-Signet bei der Webergasse (Foto: Robert Labhardt, 2021)
Die Sulgerstrasse im Gotthelfquartier verbindet jeweils zwei Hauseinheiten so, dass alle von drei Seiten "Luft und Licht" erhalten – eine Konsequenz aus der Wohnungsenquête von 1889.
Die Sulgerstrasse im Gotthelfquartier verbindet jeweils zwei Hauseinheiten so, dass alle von drei Seiten “Luft und Licht” erhalten – eine Konsequenz aus der Wohnungsenquête von 1889.

… über Sozialgeschichte und Raum

Der Rundgang von Miriam Baumeister in Kleinbasel befasste sich mit der Verbindung von Sozialgeschichte und Raum. Die Teilnehmenden erfuhren, wie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Mädchen in der Richter-Linder’schen Anstalt zwölf Stunden am Tag Seidenbänder weben mussten, wie in den 1930er-Jahren die Herkunft aus dem “Rheingasse-Milieu” ins Basler Waisenhaus führen konnte, und wie 1978 in Kleinbasel “Toleranzzonen” für die Strassenprostitution eingerichtet wurden.

… über das Wachsen der Stadt

Den Führungsreigen schloss Robert Labhardt mit Einblicken ins Gotthelfquartier. Dort folgten die Teilnehmenden den Spuren der Stadterweiterung ab 1872 und 1895: von den Arbeiterhäusern an der Blauenstrasse bis zum wuchtigen Gebäude der Basler Wohngenossenschaft beim Allschwilerplatz, wo 1912 zum ersten Mal in der Schweiz Staatsland im Baurecht überlassen wurde.

Autor*in

Robert Labhardt