Besuch im Bierkeller
Besuch im Bierkeller? Klar, auch das ist Stadtgeschichte! Ohne genau zu wissen was uns erwartet, sind wir der Einladung des Vereins Warteckmuseum Basel gefolgt. An der Drahtzugstrasse 60 tauchen wir durch unscheinbare Zugänge ab – und finden uns in einer sorgfältig eingerichteten Wunderkammer wieder: einem Biermuseum und Vereinslokal.
Nicht selten – und doch ungewöhnlich
Regale voller Bierkrüge und -gläser in allen erdenklichen Formen und Dimensionen, alte Abreisskalender, Schilder, Bierdeckel, Sammlungen alter Etiketten, die von einer sich verändernden Bierkultur erzählen. All diese Gegenstände sind materielle Zeugen einer Gastronomie- und Braugeschichte, die oftmals nicht leicht zu fassen ist, weil solche Bestände gewöhnlich einfach entsorgt werden.
Wer arbeitete in der Brauerei?
Hier nicht. Bei der Übernahme der Firma wurde von deren Nachlass so viel wie möglich gerettet. Und in diesen alten Beständen finden sich auch einige echte Perlen für die Geschichtsforschung: Das «Arbeiterverzeichnis» führt sämtliche Ein- und Austritte von Arbeiterinnen und Arbeitern auf, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts für die Warteck-Brauerei gearbeitet haben – und erwähnt in einigen Fällen auch Gründe für ihren Austritt, die punktuelle Einblicke in Biografien geben, die ansonsten oft schwer fassbar sind. Aus dem Dokument lässt sich auch lesen, wie sich die Beschäftigungsstruktur in der Brauerei insbesondere während den Kriegsjahren verändert hat: Die Verkaufszahlen sanken und Langzeitanstellungen wurden entsprechend durch Saisonniers ersetzt.
Die Konsumkurve
Gewissermassen den Pegelverlauf des Bierkonsums im 20. Jahrhundert zeichnet eine weitere Perle der Sammlung nach: auf grossformatigem Papier hat die Geschäftsführung der Brauerei sorgfältig und von Hand über Jahrzehnte den monatlichen Verkauf als Säulendiagramm dargestellt, so dass eine Bierkonsumgeschichte der longue durée daraus gelesen werden kann.
Der Stammtisch
Als stimmungsvolles Herzstück der Sammlung könnte vielleicht die komplett in der Brauereibeiz Schalander aus- und hier wieder eingebaute Sitzecke inklusive Wandlampe bezeichnet werden. Hier wird in nostalgischer Stimmung auch heute das eine oder andere Bier genossen und hier sammeln Daniel Jansen und Thomas Dähler auch die eine oder andere Geschichte ehemaliger Mitarbeiter der Brauerei, die im Keller ein- und ausgehen.
Donner und Doria
Über der Sitzecke läuft eine Filmaufnahme aus den 1930er Jahren. Sie zeigt Szenen aus dem Brauereihof, wo sich die Fuhrwerke unter den Blicken des Direktors und seiner Frau für ein Gruppenfoto formieren. Sie zeigt wie die wohl gerade neu angeschafften Lastwagen den Rhein entlang defilieren. Und sie zeigt den Veterinärinspektor bei einer Kontrolle der Pferde. Spätestens als man sie schrittweise durch Lastwagen ersetzt, werden die Brauereipferde zur Legende und zum Symbol für althergebrachte Brautradition. “Donner” und “Doria” scheinen ein stolzes Warteck-Gespann gewesen zu sein. Sie sind auf manchen Erinnerungsstücken abgebildet und zeugen im Warteckmuseum von der Bedeutung der Tiere für die Stadt.
Text
Team Band 9.