1000 Jahre -10 Geschichten Baustelle Münsterhügel

Veröffentlicht am 11.11.2019, zuletzt geändert am 31.1.2024 #Mittelalter

Die Jahrtausendwende war Anlass für Kaiser Heinrich II. (973 oder 978 bis 1024), seine Gemahlin Kunigunde (um 975 bis 1033 oder 1039) und Bischof Adalbero II. (vor 999 bis 1025) ein neues Münster zu bauen, aber das war nicht die einzige Grossbaustelle auf dem Münsterhügel. Auch die bereits von den Römern errichtete Wehrmauer wurde wohl zu diesem Zeitpunkt wiederinstandgesetzt, um sie in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.

Spuren von Grossbaustellen

2004 fand die Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt bei einer Ausgrabung an der Martinsgasse 6+8 nicht weit von der Hangkante Richtung Marktplatz die Überreste eines grossen kreisförmigen Mörtelmischers. Etwa einen Meter tiefer an der Oberkante der spätrömischen Schichten traf man erneut auf einen Mörtelmischplatz. Im Rahmen der Auswertungen wurde klar, dass es sich um Spuren von Grossbaustellen handelte, die mit der Befestigung des Münsterhügels zusammenhängen, die heute noch unter dem Schulhaus zur Mücke erhalten ist. Der kreisförmige Mörtelmischer wurde naturwissenschaftlich in die Zeit um 1000 datiert. Dieses Ergebnis legt nahe, dass die um 270/280 errichtete Befestigungsmauer um das Jahr 1000 noch stand, und im Kontext der Errichtung des Heinrichsmünsters instandgesetzt wurde

Lage der Grabung an der Martinsgasse 6+8
Abb. 1: Lage der Grabung an der Martinsgasse 6+8. Unmittelbar am Abhang zum Marktplatz wurden Spuren von Grossbaustellen aus der Zeit um 300 und um 1000 gefunden (Foto: Christian Stegmüller, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt).

Maschine zur Mörtelherstellung

Die Römer verwendeten keine mechanischen Mörtelmischer, aber für die Zeit zwischen 700 und 1000 finden sich viele Vergleichsbeispiele für den Basler Befund und zwar von Schottland bis Süditalien. Diese sehr wahrscheinlich mit Hilfe von Zugtieren angetriebenen Maschinen ermöglichten es, grosse Mörtelmengen herzustellen. In eine kreisrunde Grube mit ebenem Boden wurde ein zentraler Pfosten eingebracht, um den sich die Rechen drehten. Die hölzernen Einzelteile liessen sich wie ein Kran oder ein Gerüst am Ende der Arbeiten abbauen und auf der nächsten Baustelle wiederverwenden. Das war ideal für mobile, auf Steinbau spezialisierte Bautrupps, die in dieser Zeit in ganz Europa unterwegs waren. Im späten Mittelalter als der Steinbau weiterverbreitet war und mehr billige Arbeitskräfte zur Verfügung standen, kehrte man zur rein manuellen Herstellung von Mörtel zurück. Erst in der Neuzeit setzte man wieder Maschinen für die Mörtelherstellung ein.

Reste des mittelalterlichen mechanischen Mörtelmischers auf der Grabung
Reste des mittelalterlichen mechanischen Mörtelmischers auf der Grabung. Am Boden der Mischgrube hat sich ausgehärteter Mörtel erhalten. Deutlich sind die konzentrischen Ringe des Mischrechens zu erkennen (Foto: Christian Stegmüller, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt).

Nebeneinander von alt und neu

Um 1000 war die römische Steinbautechnik weitgehend in Vergessenheit geraten und Stein wurde nur noch für den Bau von Kirchen sowie von repräsentativen Wohn- und Wehrbauten verwendet. Die römischen Steinbauten auf dem Münsterhügel zerfielen und ihr Baumaterial wurde z.T. wiederverwendet. Manche scheinen aber auch instandgehalten und verwendet worden zu sein wie z.B. ein grosser Getreidespeicher auf dem Münsterplatz und die Wehrmauer um den Münsterhügel. Die Jahrtausendwende war ein Anlass für Kaiser und Bischof in grosse Bauprojekte zu investieren und Macht zu demonstrieren.

Illustration: So könnte der Mörtelmischer ausgesehen haben. Vermutlich wurden Zugtiere eingesetzt, um die Mischrechen im Kreis zu bewegen
So könnte der Mörtelmischer ausgesehen haben. Vermutlich wurden Zugtiere eingesetzt, um die Mischrechen im Kreis zu bewegen. So konnten in kurzer Zeit grosse Mengen von Mörtel hergestellt werden, die z.B. zum Neuverputzen der Umfassungsmauer benötigt wurden (Illustration: Heidi Colombi, Archäologische Bodenforschung

Quellen

Literatur

Asal, M. (2017) Basilia. Das spätantike Basel, Bd. A/B. Materialhefte zur Archäologie in Basel 24. Basel, S. 291-294.

Hüglin, S. (2019) Latrine und Mörtelmischmaschine. Hochmittelalterliche Befunde und Funde der Grabung Martinsgasse 6+8, Basel. Jahrbuch Archäologie Schweiz 102, S. 77-122.

Unter Uns – Archäologie in Basel. Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt u. Historisches Museum Basel (Hrsg.) (2008) Ausstellungskatalog Basel, Barfüsserkirche, 26. September 2008 bis 1. März 2009. Basel, S. 248-257.

Abbildungen

Abb. 1: Lage der Grabung an der Martinsgasse 6+8: Christian Stegmüller, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt.

Abb. 2: Reste des mittelalterlichen mechanischen Mörtelmischers: Christian Stegmüller, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt.

Abb. 3: Illustration Mörtelmischer: Heidi Colombi, Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt.

Autor*in

Sophie Hüglin ist Archäologin und Mitglied der Konzeptgruppe von Band 1 und 2 der neuen Basler Stadtgeschichte. Sie verfasst auch archäologische Beiträge für spätere Epochen. Sie war von 2002 bis 2014 Mitarbeitende der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt und hat zahlreiche Grabungen geleitet. Sie arbeitet an verschiedenen Forschungs- und Publikationsprojekten in Europa und Indien. Sie engagiert sich ehrenamtlich als Vizepräsidentin der European Association of Archaeologists.